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Aus »Kursachsenspiegel«. Gedichte 2010   Vers 37250 bis 37314

AUERBACH


Als ich grad halbstark suchte rings
Nach Sinn und Anteil und Geselln,
Mir selber wie den meisten gings,
Ich sagte, ursprungsnah gelings,
Und hielt für echt die neusten Welln.

Zum Blues nach Auerbach getrampt,
Das Bier war stark, der Sommer heiß,
Man fror zur Nacht auch nicht im Hemd,
Und wer hier herkam, blieb nicht fremd,
Und mancher sucht noch heut den Kreis.

Der Stegreiftext authentisch schien,
Zur Spannung dient ein Doppelsang,
Was grade eben erst gediehn,
Als würd es große Kreise ziehn,
Doch zum Vergessen wars nicht lang.

Das Dürftige, das Simple sprach,
Als seis ein Quell im Wüstenland,
Und immer wieder flutend brach
Die Stimme ein und setzte nach –
Wer leer war, griff nach dieser Hand.

Die Pentatonik Afrikas,
Die mit zwei Tönen sich begnügt,
Gab dem Verfließungswunsche Maß,
Und Flüchtende wie Sand und Gras
Sahn sich dem Kosmos eingefügt.

Es gab kein Nörgeln, kein Gefrag,
Nur Woge, wo die Luft so dicht,
Die Stunden rannen und der Tag,
Als schlummernd man im Schober lag,
War alles frei und nirgends Pflicht.

Der Rausch war groß, und wer ihm treu,
Will fragen nicht woher, wohin,
Und ruft solch ein Ereignis neu,
So flieht auch allerletzte Scheu,
Zu schätzen dies als Weltensinn.

Ich aber kam kein zweites Mal,
Obgleich berauscht wie jeder dort,
Die Festlichkeit in großer Zahl,
Für die schon längst genügt kein Saal,
War niemals mehr mein Schwelgeort.

Warum? Was ward mir offenbar?
Die Theorie kam erst nach Jahrn.
Obgleich ich ganz der ihre war,
Verließ ich doch gemach die Schar,
Und hab ein andres Land befahrn.

Wir wissen nicht, wie Engel tun,
Doch manchmal stehn sie wohl am Tor,
Ich wollte im Vergessen ruhn,
Und schuf doch immerfort am Nun,
Nicht wissend, ob hinab, empor.

Heut les ich, daß in Auerbach
Die Kirche ward zum Künstlerhaus,
Daß schummrig uns das Banjo mach,
Feucht-heißer Süden Durst entfach,
Ruft man in alle Welt hinaus.

Zum Jazz- und Bluesherbst sich geselln
Nun Hardcore- oder Metalbands,
Die Fälle findst von allen Fälln,
Die Songpoeten Weiser stelln,
Wie jeder gut ist, letzten Ends.

Kein End allein dem Feiern wird,
Denn stets am Ziel ist nur die Kunst,
So weiß ich endlich, wie verirrt
Ich jung war, denn die Motte sirrt
Nicht blöder in die Flammenbrunst.