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Aus »Die alte Linde. Erstes Buch«. Gedichte 2012   Vers 40724 bis 40763

ZIBORIUM


Der Kelch, den fest ein Deckel schließt,
Und oft ein Velum noch umhüllt,
Die höchste Heiligkeit genießt,
Weil ihn der Leib des Heilands füllt,
Daß einer das Mysterium raub,
Nur um das Gold zu seiner Zier,
Selbst daß man die Geschichte glaub,
Verstört und läßt verzagen schier.

Und doch, der Teufel fand die Hand,
Die zugriff und dann rasch verscharrt
Das Beutestück im Ackerland,
Kaum daß die Gier es angestarrt.
Doch kam sein Frevel rasch ans Licht,
Denn eines Bauern Gäule scheun,
Wo unter dünner Erdenschicht
Das Weiß der Lilie trifft den Leun.

Der Bauer fuhr das Diebesgut
Zum Pfarrer, eine Grille wollts,
Daß er in unbeherrschter Wut
Den Peitschenstock aus Lindenholz
Stieß in das Erdreich an der Stell,
Da er gemacht den bösen Fund,
Und als der nächste Frühling hell,
Allda ein Lindensprößling stund.

Der wuchs sich aus, zu Halberstadt
Der Bischof sah das Wunder hier,
Was da dem Licht entwunden hat
Die Hoffahrt und die nackte Gier,
Erlöste sich vom Drachenblut
Als Mutterbaum, der dann zerstob,
Aus Ästen, die zum Wurzeln gut,
Ein Zwölferkreis sich schließlich hob.

Am Friedhofshain zu Schwanebeck
Alljährlich zum Fronleichnamsfest
Wallfahrer, auch von weiter weg,
Schaun, was der Heiland wachsen läßt.
Sie sehn die Hostie golden glühn,
Und all die Linden, die dabei,
Beweisen mit dem frischen Grün,
Daß unser Herr lebendig sei.