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Aus »Idäisches Licht. Erstes Buch«. Gedichte 2006, Vers 11290 bis 11353

POLEMOS


Er wacht bei den Gießern und Schmieden,
Die Wöchnerin kennt seinen Schritt,
Und ist dir ein Himmel beschieden,
So schürst du am Urfeuer mit.
Wenn lobsingt der Chor im Theater,
So hell, daß der Baumwipfel schweigt,
Verfällt die Geschichte dem Vater
Von allem, was kommt und sich neigt.

Vor ihm wird der Weltgeist zum Weibe,
Ob Knecht oder Freier – er dingt.
Er bricht wie die Ketten die Eide,
Wie Kronos die Kinder verschlingt,
Und sucht sich der Mann zu beweisen,
Daß König der Adler dem Lamm,
Schaut er unter Himmeln von Eisen
Zerstörte Gesichter im Schlamm.

Du schaust einen Krieger verwundet
Sich rüsten zu neuem Gefecht,
Kein Traum und kein Trauern bekundet,
Was Nemesis billig und recht,
Doch leuchtet, als gelte im Leben
Nur eins zwischen Abgrund und Licht,
Sein Auge, das Brünsten und Beben
Nicht nachgibt, solang es nicht bricht.

Er weiß, daß die mächtigsten Heere
Zerstieben, verläßt sie der Mann,
Dem gleich ist das Leichte und Schwere
Und auch, ob er muß oder kann,
Und daß die gewaltigsten Waffen
Ein Strohfeuer sind und nur gut,
Kulisse und Bühne zu schaffen
Für den, der den Opfergang tut.

Wohl wissen die Götter im Lichte
Die Brüchigkeit all ihres Glücks
Und bannen den Weg der Geschichte
Im Schwur bei dem schrecklichen Styx,
Du weißt nicht, ob sie dir gewogen
Und ob sie den Feinden nicht viel
Versprachen und beide belogen,
Doch weißt du: sie bleiben im Spiel.

Ob je ihre Herrlichkeit endet,
Ob wiederkehr Chaos und Nacht,
Bleibt offen, das Licht ist verpfändet
Dem Opfer, in Freiheit gebracht.
Es lohnt sich, die Herdstatt zu segnen
Und einzustehn, ausweglos, ganz,
Der Freiheit, dem Gott zu begegnen
Und Waffen zu führen im Glanz.

Die Zeiten, die mutlos und kleinlich
Verleugnen, was Kraft hat und Rang,
Betrachten die Waffe als peinlich
Und ruchlos den Heldengesang.
Die Philosophie der Lakaien
Hat gleichwohl dem Krieg, der sie schreckt,
Samt seltsamen Riten und Weihen
Die furchtbarsten Waffen entdeckt.

Verwahre dein Herz dem Gemeinen
Und halte dein Späheraug blank,
Und hüt dich vor solchen, die meinen,
Sie schuldeten Göttern nicht Dank.
Wo Polemos, Herr über alle,
Verspottet die Treue, den Mut,
Vertraust du: Er ist keine Falle,
Trägst du deine Götter im Blut.