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Aus »Traum von Atlantis«. Gedichte 1994, Vers 8483 bis 8522

HERBSTBANN


Wagemut, zur Welt zu treten,
Steht am Eingang, nach Plotin,
Im Gewand des Exegeten
Folgst du deinem eignen Spleen,
Zeigt dir das Relief der Stele
Szenen aus dem Sommerglück,
Sprich mit sanfter Vogelseele,
Eh sie schweigt im Niezurück.

Durch den andern fortzuschreiten,
War dir Rat für dutzend Jahr,
Doch, die Flügel auszubreiten,
Der Befehl des Herzens war,
Dem Vergleiche standzuhalten,
Ist noch Zeit, drum geh, vertrau,
Denn du wirst ein Reich verwalten,
Sprichst du heiter und genau.

Sein Gedicht verheißt das Feuer,
Deins den Schluck aus Mimirs Born,
Er füllt manchem Jahr die Scheuer,
Aber du verstreust das Korn
Für die Raben, für die Narren,
Für das flüchtigste »Ich bin«
Unter den gekreuzten Sparren
Mit der Otternkönigin.

Sammelt sich das ganz Vergangne
Im Gerausch, das dich umsäumt,
Öffne halb das traumverhangne
Auge, das am tiefsten träumt,
Unterm Aufgang der Plejaden
Wich das Gold dem nackten Stahl,
Doch du hängst an diesem Faden,
Und wer liebt, hat keine Wahl.

Stimmen, Rufe, Siegeszeichen –
Eingetreten bist du nie.
Kannst du je die Schuld begleichen,
Daß du wähltest, nicht wie sie?
Aus der Wunde quillt der Eiter,
Und der Vorhang fällt so schnell,
Denn die Jünger zogen weiter,
Und ein Reif sank auf den Quell.