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Aus »Rhön und Rennsteig«. Gedichte 2007, Vers 21983 bis 22022

UMPFEN


Wenn die Horizonte schrumpfen,
Weiser welk und Pfade Schlamm,
Dann besteig vor Tag den Umpfen
Nebelher, verquolln und klamm,
Laß dich in die Runde locken,
Geba, Dolmar, Gläserfels,
Harrn mit Schneekopf, Milsenbrocken
Still der Grüße des Gesells.

Schau auch nach der Wasserkuppe
Drum die Segler sich bemühn,
Daß dich nicht mehr Nacht beschuppe,
Wall zum Dachstein hoch und kühn,
Hier bist du zu schaun entschlossen,
In den Sund der Alten Mark,
Zu vergessen den Genossen,
Der dich nachts im Schauder barg.

Aussicht schafft den freien Willen,
Drum der Adler nie verzagt,
Wer das Auge weiß zu stillen,
Hat noch jeden Kampf gewagt,
Laß das Haar im Wetter flattern,
Laß dein Brot dem Krähenschwarm,
Soll der Fels dein Herz vergattern,
Heb zum Sonnengruß den Arm.

Gott ist nicht im All verschollen,
Nicht in Zahl und Bruch verblaßt,
Gott ist Frühtag allem Wollen,
Jedem Segler Schonermast,
Mit der Tat gedeiht der Glaube,
Aus dem Mut erwächst das Wort,
Aller Heiligkeiten Haube
Leuchtet aus dem Wagnis fort.

Darum solln die Elemente,
Im Gebirge hart und rein,
Schutz vor Fettsucht oder Rente
Allem Ungezähmten sein,
So begnüg dich nicht mit Rumpfen
Größrer Zeiten, größren Muts,
Und der freie Blick vom Umpfen
Sei der Bürge deines Guts.