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Aus »Saalisches Lied«. Gedichte 2007, Vers 20577 bis 20624

FEENGROTTEN


Im Arnsgereuther Tal erhob sich bei
Dem Bauernkriege erstes Berggeschrey,
Man suchte noch nach Silber, Kupfer, Blei
Und allenfalls war Färbpigment dabei.

Bald fing man an, am Wetzelstein zu schaun,
Das neue Zauberwort hieß nun Alaun,
Und um nicht nur der Gerberzunft zu traun,
Galts Vitriol die Siedehütt zu baun.

Novalis als den Herrn der Erde preist
Den Bergmann, der nach jeglichem das gleißt,
Beharrlich weit und unter Tage reist
Als Wager, dem allein die Blende weist.

Der Eisen-Schlägel ziert die Hauersleut,
Der Füller nimmt sich an der rohen Beut,
Bis sie am Mundloch den mit Glast erfreut,
Der hohe Kux riskiert in Arnsgereuth.

Markscheider zeichnen wohlvermeßnen Plan,
Der Hüttenraiter schafft dem Rechte Bahn,
Und hindert ein Gefluder dich zu nahn,
Hab acht vor dem, was Menschen noch nicht sahn.

Wo zäh die Zeit und hart das Grubenstück,
Droht jubeljahrs die Zubuß mit zurück,
Daß Urgroßvaters Stollen Erben bück,
Gelang der Zeche Jeremias Glück.

Erzmutter kündet die Gewinne an,
Doch schließlich ist der Berg ein alter Mann,
Und da Alaun man kaum entbehren kann,
Die Industrie auf neue Märkte sann.

Dann kommt die große Zeit für Kur und Bad,
Heilwässer sucht man in Basalt und Spat,
Und da er sich verborgnen Quellen naht
Ein Wunder vor das Aug des Forschers trat.

In wenigen Jahrzehnten hat der Berg
Ins Märchen heimgeholt das Hauerwerk,
Tropfsteine reihn sich in verschiedner Stärk,
Daß jedermann die Farben-Formkraft merk.

Was dir sich offenbart im weißen Licht,
Erfänd auch ein genialer Maler nicht,
Was spiegelnd sich verwandelt, mischt und bricht,
Erscheint dir rein wie Gottes Angesicht.

Hier liegt der Gral bereit dem bloßen Aug,
Im Zwiegespräch von Wuchs und Hohlgelaug,
Von Leichtmetall und schwerer Erze Haugk,
Erstrahlt ein Reich, daß deinem Traume taug.

Du weißt nun, daß Erzählungen von Feen
Nicht Schwärmerei und Fabellust entwehn,
Und läßt sie gern durch deine Reime gehn,
Denn jeder, der hier eintritt, kann sie sehn.