Aus »Babylon des Worts«. Gedichte 2007, Vers 17560 bis 17595
WASCHKÜCHE
Als unser Hof den Namen noch verdiente,
Gabs einen Raum von eignem Naturell,
Ein Lob des Orts führt heute ins verminte
Gelände, drum vergiß mein Wort recht schnell.
Als ich ein Kind, gabs zwar schon die Maschine,
Doch wusch die Oma gern nach altem Brauch,
Nichts war zu groß, als daß es nicht bediene
Des breiten Kessels schaumbedeckter Bauch.
Das Feuer war zu hören, und der Nebel
In dichten Schwaden zog zur Tür hinaus,
Hier war aus Holz der Waschfrau langer Hebel,
Und sichtbar, ob der Dreck inzwischen raus.
Zum Hof, zur Leine warns nur ein paar Schritte,
Und manchmal nahm man alles wieder mit,
Das Sonnenlicht zeigt eine andre Mitte
Als jene, die mit Schaum und Wellen stritt.
Hier schimpfte keiner, wenn was überschwappte,
Und auch die Uhr war ausgesperrt vom Naß,
Die Perfektion, daß alles planbar klappte,
Besaß kein Visum hier und keinen Paß.
Die Waschfrau ward von keinem hier gepeinigt,
Sie liebte wuchtig tun und nirgends lau,
Nicht lang mehr, und der Dichter wird gesteinigt,
Wenn er erwägt, dies sei die Lust der Frau.
Wurd nicht gewaschen, war der Kessel offen
Wurstsuppe, wenn geschlachtet ward ein Schwein,
Auf solches Schlemmen darf man nicht mehr hoffen,
Denn heutzutag friert man die Keulen ein.
Und überhaupt die ganze Wucht und Größe
Paßt nicht mehr zur Familie, die versiegt,
Auch für die Hochzeit brauchts nicht so viel Klöße,
Weil jeder Gast auf Wunsch was andres kriegt.
Drum sollte Feuer hier nicht länger brennen,
Man riß das Monstrum weg nach kurzem Streit,
Wenn Menschen die Gemeinschaft nicht mehr kennen,
Wird wenigstens die Frau von Mühn befreit.