Im Gerhard Hess Verlag erschien:
Dort wo die
Karpaten an Sudeten rühren
Lachische Gedichte
Herausgegeben
von Carsten Eichenberger, Rudolf Grulich und Ortfried Kotzian
Poesis ethnica 11.
Gerhard Hess Verlag 1998 67 S., kartoniert,
Euro 8.00 ISBN: 3 - 87336 - 145 - 0
Aus dem Auszug Vorwort von
Prof. Dr. Rudolf Grulich:
Der lachische Dichter Ondra
Lysohorsky
Kennen Sie die Lachen oder wissen Sie, wo lachisch
gesprochen wird ?
Große Europäer haben sich zum Lachentum bekannt,
wie der Komponist Leos Janacek, vor allem aber der Dichter Ondra
Lysohorsky. Gelegentlich wurde die Sprache auch als schlonsakisch
bezeichnet oder abfällig als wasserpolakisch. Die Lachen tauchen auch
unter Namen wie Schlonsaken und Goralen auf.
Die Heimat der Lachen
ist das malerische Gebiet der Beskiden und des Ostrauer Kohlereviers mit
den landschaftlichen Kontrasten von unberührter bis zerstörter Natur.
Diese Gegensätze und die dadurch entstandenen sozialen Konflikte sind
auch Themen des poetischen Schaffens von Ondra Lysohorsky. Dort wo
Karpaten an Sudeten rühren, dort liegt seine lachische Heimat, am
Schnittpunkt polnischer, deutscher, tschechischer und slowakischer Kultur,
in einem Teil Mitteleuropas, den einst auch rumänische Wanderhirten, die
Walachen, besiedelten. Ihre Tracht und Hausbauweise hat sich in den
Beskiden erhalten.
Als Erwin Goy wurde Lysohorsky 1905 in Friedek
geboren, die Mutter war eine Weberin, der Vater Bergmann und nach seiner
Frühpensionierung Gärtner. Mit den Eltern und seinen acht Geschwistern
sprach Erwin lachisch. Er besuchte das deutsche Gymnasium in Ostrau und
studierte dann an der Deutschen Universität, wo er 128 mit dem Thema
Rainer Maria Rilke im Rahmen einer kulturphilosophischen Betrachtung
promoviert wurde. Durch die Wirtschaftskrise arbeitslos, sammelt er
zunächst Volkslieder in der Sprache seiner Heimat und schreibt seit 1931
seine ersten lachischen Gedichte und Balladen. Zwar hatte schon Leos
Janacek Lachische Tänze komponiert und der aus Troppau stammende
schlesisch - tschechische Dichter Petr Bezruc lachische Themen
aufgenommen, ja in seine Schlesischen Lieder auch lachische Lexik und
Syntax integriert, doch Erwin Goy, der sich nun Ondra Lysohorsky nennt,
macht die lachische Mundart zur Literatursprache. Er wählt seinen
Dichternamen nach der Lysa Hora, deutsch Lissa, der mit 1325 Metern
höchsten Erhebung der Beskiden und nach dem Räuber Ondras aus dem 18.
Jahrhundert. Der damals bedeutendste Literaturkritiker der
Tschechoslowakischen Republik , F.X. Salda, schreibt das Vorwort für
Lysohorskys ersten Gedichtsband " die singende Faust" , der Aufsehen
erregt, weil Lysohorsky auch das Nachwort in Lachisch verfasste und von
einem Volk der Lacher mit zwei Millionen Menschen spricht auf beiden
Seiten der polnisch - tschechischen Grenze. Die aus Deutschland
geflüchteten Emigranten in Prag schreiben über Lysohorskys Lyrik und
stellen sie dem deutschen Publikum vor………..
Gedicht von
Lysohorsky:
Meiner Mutter
Du liegst im Sarg. Wer wagt dich
zu stören, wenn du den ersten längeren Schlaf in deinem Leben tust
? Was war dein Leben ? Um uns zu ernähren, hast du des Nachts
genäht, hast für neun Gören den Weg zum Pjetwolder Konsum gemacht, den
schweren, auf heißen Feldern Raps gemäht und Ehren.
Du hast zu
mir nur Weniges gesprochen. Ich hört dich bloß die alten Lieder
singen, die Lachenlieder, die so traurig klingen. Uns ist der Kahle
Berg ins Blut gekrochen! In meinem Kinderherz sich alle Lieder
fingen. Ein neues Lied begann im Blut zu schwingen.
Du liegst im
Sarg. Ich fange an zu singen, wo du geendet hast mit deinem Lied. Wo
du gewirkt hast, muß ich mich auch verdingen, in der Fabrik, im Berg,
im Ostrawitza -Ried. Des Sommers gehe ich meine schwere Sense
schwingen. Und hör die Mutter, meine Mutter singen.
1932
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