Was sorgst du ängstlich für dein Leben?
Es Gott gelassen übergeben,
Ist wahre Ruh und deine Pflicht.
Du sollst es lieben, weislich nützen,
Es dankbar, als ein Glück, besitzen,
Verlieren, als verlörst du's nicht.

So suche dir in allen Fällen
Den Tod oft, lebhaft, vorzustellen;
So wirst du ihn nicht zitternd scheun;
So wird er dir ein Trost in Klagen,
Ein weiser Freund in guten Tagen,
Ein Schild in der Versuchung sein.

CHRISTIAN FÜRCHTEGOTT   
GELLERT   
 

 



PERSONEN
HEINRICH IV., Kaiser
WIPRECHT von Groitzsch, Markgraf
JUDITH, seine Frau
LUDMILLA, ihre Zofe
WIPRECHT D.J., Wiprechts Sohn
KUNIGUNDE, dessen Frau
HERTWEIG, Erzbischof von Magdeburg
ALBUIN, Bischof von Merseburg
WALRAB, Bischof von Zeitz
PRIBON, sorbischer Hauptmann
DEDO, Pflegsohn der Tochter Wiprechts


ZEITEN UND ORTE

Erster Aufzug: 1089 Burg Groitzsch
Zweiter Aufzug: 1105 Burg Böckelheim
Dritter Aufzug: 1113 Burg Trifels
 

 

7
 


PROLOG
DEDO: Wenn einst die Prüfung unsrer Heilandstreue
Zur Spitze drängt bei lästernden Propheten,
Wenn man verlacht die Buße und die Reue,
Und Irre heißt, die glauben noch und beten,
Wenn Kunst und Ruhm als Mägde steht für Sünden
Und nur dem Grad der Tollheit gilt die Wette
Und alle Zeichen unsern Wunsch begründen,
Der Heiland käm, daß er die Schafe rette,
Dann mögen die Annalen, die ich kritzel
Erklären, was im Sorbenland begonnen,
Denn nach Vergangnem dingt man keine Spitzel
Und nur die Schrift bleibt von erloschnen Sonnen.
Erst herrscht der Wald total und ungemütlich,
Dann kommen Mönche, die da baun und roden,
Erst teilt man sich das so Errungne gütlich,
Doch mit dem Reichtum kommen Putz und Moden.
Solang der Wald ist groß und unvermessen,
Kann stets der Züchtge fortziehn und beginnen,
Doch sind einst Bär und Luchs und Wolf vergessen,
So sucht der Mensch den Menschen zu gewinnen.
Dann läßt man Gottes Größe nicht mehr gelten,
Weil man begehrt die unbeschränkten Rechte,
Dann wird man die Verächter Goldes schelten,
Denn selbst die Fürsten sind dann Goldes Knechte.
Die Kirche wird ein Warenhaus zu trösten,
Wo die Doktoren jammervoll versagen,
Die gleichwohl, wo noch Odem weht, die Größten,
Weil alles lechzt nach Jahren und nach Tagen.
 

 

8
 
An jenem Ende soll man lesen dürfen,
Wie alles anfing, als noch unentschieden,
Was wir vom Acker und im Berge schürfen,
Und glaubhaft schien, es stelle uns zufrieden.
Das Kloster Pegau dankt sich einer Fülle
Von großen Taten, Gott und Mensch zu Ehre,
Und eh Vergessen schweigend drum sich hülle,
Ich schlicht zu schildern diese Zeit begehre.
Gewißlich ist bei Licht auch tiefer Schatten,
Den Edlen, dem wir danken Mut und Segen,
Die Sünden überm Herz gefesselt hatten,
Als er den Grundstein ließ zum Werke legen.
Doch so hat Gott die Welt uns eingerichtet,
Die Kraft, die uns entreißt dem dunklen Rachen,
Hat nicht allein den Kleinmut rings vernichtet,
Sie mußte selbst die Fahrt ins Dunkel machen.
Drum hört vom Kriegsmann und vom Lanzenbrechen,
Von Kirchenbrand, vom Wüterich der Rache,
Und seht den Plan des Weltenlenkers sprechen,
Daß er die Wut zu goldnem Korne mache.
Wo unsre Hände säen, ernten, beten,
Brauchts auch die Großen, die uns fürchten lassen,
Was Wechsel heischt und was sich fügt zum Steten,
Der Herr allein vermags in Form zu fassen.
 

 

9
 


ERSTER AUFZUG
Erste Szene.
Judith, Ludmilla.

LUDMILLA: Es ist mir arg, die Herrin zu verdrießen,
Da sie verlangte heute nach Forellen,
Die Knechte, die da nicht ihr Leben ließen,
Berichteten von wüsten Mordgesellen.
Man mußt vom Bach, vom ganzen Fischen lassen,
Solang der Herr ist fort, sind unsre Kräfte
Zu lahm, bei so viel Feinden aufzupassen,
Drum leiden selbst gewöhnlichste Geschäfte.

JUDITH: Was ist das für ein Land, wo es zum Fischen
Braucht Ritter, Harnisch und gewaltge Rüste?
Kein Winkel, draus nicht Schlangenzungen zischen,
Kein Wölkchen, dran man man nicht verzagen müßte!
Kein Frieden, Mord und Totschlag alle Tage,
Dies ist kein Hausstand, keine Eh, kein Leben!
Was trieb mich her in die verhaßte Plage?
Mag erst der Tod mir die Erlösung geben?

LUDMILLA:
Der hehrste Held, der lebt im ganzen Reiche,
Hat euch gefreit, euch selbst und Gott zur Ehre,
Daß seinem Arme alle Unbill weiche,
Zu zweifeln, niemand wage und begehre.

JUDITH: Wohlan, er ist ein Held von Gottes Gnaden,
Und liebt mich, daß mir manchmal etwas bange,
 

 

10
 
Jedoch ein Glück an einem Seidenfaden -
Wer hält das aus und überdies wie lange?
Ich bin es nicht gewohnt, im freien Felde
Das Wechsellos des Kriegsmanns zu erleiden.
Wer schützt, daß nicht der nächste Bote melde,
Zu Kaisers Treu durft er zu Christus scheiden?

LUDMILLA:
Gedenkt der Prager wohlbewehrten Mauern!
Warn sie nicht grad ein Kerker eurem Sehnen?
Wo Freiheit leuchtet, stets Gefahren lauern,
Sie ist kein Ort, sich sanft zurückzulehnen.
Ein Land, das kaum befriedet und verwaltet,
Erwählt sich seinen Fürsten unter Tränen,
Eh Glanz, der im Jahrhundert nicht veraltet,
Euch aufzieht, gibts den Wechsel bei den Zähnen.
(Sie steigert das Pathos.)
Denkt daran, bis Rom zog euer stolzer Recke,
Er brachte euerm Vaterhaus die Krone.
Drum hadert nicht mit Gott und seinem Zwecke,
Er bürgte uns, daß sich das Bangen lohne.

JUDITH: Auch diese Burg kein Reiter kann bezwingen,
Ich fürchte nicht, daß man mich bald erschlüge.
Jedoch am Herzen würgen härne Schlingen,
Ich wüßte keinen, der sie leicht ertrüge.

LUDMILLA:
Sorgt euch nicht um das Kriegsglück eures Gatten,
Er wards gewährt, den Erben zu besitzen,
Obgleich wir einen harten Winter hatten,
Die Sonnenstahlen aus dem Kinde blitzen.
 

 

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JUDITH: Der Sohn allein verdoppelt mir die Sorge.
Wer schützt ihn, wenn der Vater wird erschlagen?
Meinst du, ein Adler sein Gefieder borge,
Das Kind nach Böhmen unversehrt zu tragen?

LUMULLA: Der Tüchtige ist Gottes Beistand sicher,
Dazu kommt Kaisers Achtung und Vertrauen.
Nie konnte eine Mutter hoffentlicher
Auf ihr Geschlecht und seine Zukunft bauen.
(Ab.)


Zweite Szene.
Wiprecht, Judith.

WIPRECHT: O Augenstern, es quälte dich zu warten!
Doch nun herrscht Frieden hier im Osterlande,
Gejätet ist das Unkraut rings im Garten,
Ich hab vertilgt die ganze Mörderbande.

JUDITH: Nur Schlächtereinen höre ich dich künden.
Ich hoffte, daß der Sohn dich milder machte.
Hast du nicht Furcht, das Übermaß der Sünden
Beim Weltgericht dir eine Grube schachte?

WIPRECHT: Es ist noch Zeit, die Kirche zu versöhnen,
Doch ohne Macht kann Frieden nicht gelingen.
Ich komm zu dir, den Abend zu verschönen,
Ich lasse einen Lautenspieler singen.

JUDITH: O nein, ich mag Zerstreuung jetzt nicht leiden.
Sag an, wie ging der Feind vor dir zugrunde?
 

 

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Und dürfen nun die Schafe sorglos weiden,
Und nirgends eitert eine nächste Wunde?

WIPRECHT:
Verlange nicht, das Handwerk dir zu schildern,
Das Frauenherzen muß gewiß entsetzen,
Und glaub, daß Räuber künftig nicht mehr wildern
Und daß die Bauern Recht und Herrschaft schätzen.

JUDITH: Ich will es wissen. Hast du sie geschlagen
In offner Schlacht? Im Zweikampf gar bezwungen?
Ich geh und steh, und überall sind Fragen.
Ich bin von Unruh und von Furcht durchdrungen.

WIPRECHT: Der Hageno, der feige Tubichiner
Wich meiner Macht und hat sich schnöd verkrochen,
Nun geht er selbst zum Miste nur mit Diener,
Ich habe ihm die Augen ausgestochen.

JUDITH:
Wie schrecklich und wie grausam solch Gebaren!
Was schicktest du den Schelm nicht zum Gerichte,
Wer lehrte dich, ob es wohl Ritter waren,
Daß man den Feind versehr im Angesichte?

WIPRECHT:
Es schirmte ihn, der weibisch mir entschwunden,
Die Jakobskirche, die zu Zeitz am Wege,
Dies hat gerechte Tötung unterbunden,
Drum danke er der zweifelhaften Pflege.

JUDITH: Kam er dir vor das Schwert aus dem Asyle?
 

 

13
 
WIPRECHT: Nicht ohne etwas Feuer unterm Hintern!
Ich stand am Tor mit furchtbarem Gefühle
Und wollte dort nicht müßig überwintern.

JUDITH: Du hast die Kirche abgebrannt und alles,
Was drinnen stand, am Kreuz und am Altare?
O Chisti Leid! Was nützt die Macht des Walles?
Wir sind verflucht, die Wiege und die Bahre!

WIPRECHT:
O mäßge dich! Man kann doch alles richten,
Sind Frieden, Recht und guter Will im Bunde,
Ich konnte nicht auf diese Tat verzichten,
Schon viele Jahre schwärt die böse Wunde.
Ich habe dieses Land mit Recht erworben
Im freien Tausch, ich gab das Gut der Väter,
Die Nachbarn haben mir das Glück verdorben,
Erst wich ich schwach, gerüstet kam ich später.

JUDITH: Vergeltung oder Rachsucht sind die Knechte,
Die Sünden schaffen, die zum Himmel schreien.
Ruf nach dem Bischof, daß er glimpflich rechte,
Und bitte unsern Heiland um Verzeihen!

WIPRECHT: Ich bin so müde und so abgeschlagen!
Ich hoffte auf den Trost von deiner Liebe.
Statt dessen gehts mir nochmals an den Kragen,
Daß keines heil von meinen Gliedern bliebe.
Ich weiß, ich trag ein hartes Erb im Blute,
Und doch, was du als Sünde schiltst und Laster,
Wird einmal blühn und man erkennt das Gute,
Im Herbst vielleicht, als eine späte Aster. (Ab.)
 

 

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Dritte Szene.
Judith.

JUDITH: Wenn wir verliebt sind, will uns einzig grämen,
Daß unser Schatz so fern, in fernen Landen.
Ich muß mich heute meiner Jugend schämen,
Mit kam das vogelleichte Herz abhanden.
Er kam. Er tat, daß hoher Mut begleiche
Geringe Abkunft und geringe Pfründe,
Man flüsterte von ihm im ganzen Reiche,
Daß jedes Ziel ihm frei und offen stünde.
Und er beschämte Könige, den Kaiser,
Er nahm vom Vater Gold nicht ganze Wägen.
Sein Wunsch war laut nicht minder, wenn er leiser,
Er wollte, daß wir uns in Armen lägen.
Wir wurden Weib und Mann. Und meinem Schoße
Entwuchs der Erbe, doch das Glück ging weiter.
Wir schufen viel. Doch so als seis das bloße
Bestehn, so wuchs vor unserm Haupt die Leiter.
Ein Heim zu schaffen dem vermählten Paare,
Verlangte blutig Tun erst von dem Helden,
Die Sünde, die dabei ganz offenbare,
Verlangte, es dem Erzbischof zu melden.
Santiago Compostella Urban wählte,
An Jakobs Grab der Gatte sollte büßen,
Und was man von der Reise mir erzählte,
Nichts tat, mir diesen Ratschluß zu begrüßen.
Nun ist er fort, und manchmal frag ich leise,
Obs recht wohl war, die Tat so hart zu pönen,
Wenn er nicht kehrt von dieser langen Reise,
Wird micht kein Ariel mit dem Joch versöhnen.
(Es wird dunkel und wieder hell.)
 

 

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Vierte Szene.
Judith, Giselher.

GISELHER:
Ja Gott zum Gruß, du glücklichste der Frauen!
Beim Tun des Herrn versagt das höchste Messen!

JUDITH: Ich will nun stille sein und Gott vertrauen,
Und niemals seien Dank und Preis vergessen.
Er kam zurück, entsühnt, beschenkt noch weiter,
Reliquien des Apostels sind sein eigen,
Mir fehlte Mut, doch scheints, als wollt dem Streiter
Der Himmel noch ganz andre Wege zeigen.

GISELHER:
So ists! Wir warn von Leisnig auf der Strecke
Nach Groitzsch und weder müde noch verlassen,
Doch lobt der Ritter Gott, zu diesem Zwecke
Mag er am Weg kein Heiligtum verpassen.
So kamen wir durch Hyla, hundert Seelen
Vereint das Dorf vielleicht um ein paar Hufe,
Man könnte dort die Kirche leicht verfehlen,
Baufällig taugt sich kaum noch dem Berufe.
Wie Wiprecht aber im Gebet versunken
Stand vor dem Schrein, da schlug, kaum zu beschreiben,
Ein Glanz hervor, so wonniglich und trunken,
Als wolle sich der Heilige verleiben.
Der Graf erschrank, und kundig dieser Zeichen,
Und auserwählt, für alle uns zu schauen,
Lag es ihm fern, dem Rufe auszuweichen,
Er schwor, die Kirche herrlich aufzubauen.
So scheint mir, wo er waltet und sich bettet,
 

 

16
 
Das Heilge an die Fersen sich zu heften,
Und der Erlöser, der uns Ärmste rettet,
Betraut ihn mit den dringendsten Geschäften.

JUDITH: Verwunderlich war schon und wenig üblich,
Daß ich ihm folgen durft und er mir Gatte,
In langen Jahren schien es mir betrüblich,
Daß Vater sicher andre Pläne hatte,
Doch die Verwundrung mehr und mehr zu steigern,
Gab mit der Zeitlauf seither zu Gesichte,
Wer schauen kann, der mag den Schluß nicht weigern,
Daß wir inmitten einer Heilsgeschichte.

GISELHER:
Gleichwohl, ich bin noch lange nicht am Ende,
Daß man gleich die Basilika erneure,
Wiprecht befahl, daß er die Gelder spende
Und daß er dies mit ganzer Ehr beteure.
Die Ungeduld ist groß in seinem Wesen,
Kaum daß wir drauf zum Groitzscher Markt gekommen,
Lies er den Klostergründungs-Wunsch verlesen,
Und wer verständig, hatte ihm zu frommen.
Die Ältesten berieten sich und sagten,
Man möge in der Burgesnähe bauen,
Und da der Graf kein Freund ist vom Vertagten,
Ging er sofort, dies selber anzuschauen.
Die Höhe, die einst Nible ward gerufen,
Verwarf der Ritter doch und zwar im Rechte,
Belagrer flöhn gewiß auf Klosterstufen,
Wenn man die so in Burgesnähe brächte.
Diesseits der Elster lockte eine Fläche,
Wo unbebaut in Anmut liegt die Aue,
 

 

17
 
Doch daß Verkehr hier Ruh und Andacht breche,
Verwarf den Plan, daß man hier gründ und baue.
Und also spähte Wiprecht sorgsam weiter
Und fand von Pegau westlich eine Stelle,
Ders eigen, daß der große Plan nicht scheiter,
Und die zur Hand für Wiprechts Überschnelle.
Zwar liegt der Grund nur zu gewissem Teile
Bei Wiprecht, aber Erpo, dem die Hufe,
Nahm Ausgleich, daß sodann in Windeseile
Verfügt ward, daß man nun den Bischof rufe.
Zur Stunde wird geebnet und gerissen,
Der Stifter kennt nicht Aufenthalt und Ruhe,
Obs Engel oder obs nur das Gewissen,
Er sorgt sich stets, wie er es rascher tue.

JUDITH:
Nun ist schon Nacht, da kann er nicht mehr bauen.
Will er den nie an seine Herdstatt kehren?
Fast weiß ich nicht mehr, wie er anzuschauen,
Und hoffte doch, er würd mich selbst belehren.

GISELHER:
Es ist verständlich, daß die Gattin schmerze,
Den Helden in der Ferne stets zu wissen,
Jedoch mein Preislied deinen Mut beherze,
Daß du erträgst das bittere Vermissen.
Er ritt nach Böhmen und er wird die Mähre
Nicht schonen, bis er hunderte Talente
Vom König hat, und zu vermuten wäre,
Daß zweiten Weg vom ersten er nicht trennte.
Nach Magdeburg wird er zum Erzbischofe
Wohl reiten und den großen Hertweig bitten,
 

 

18
 
Daß er nicht komm zu unserm kleinsten Hofe,
Doch zu der Gründung, die der Graf erstritten.

JUDITH: Der Vater bei diesem Werk nicht knausern,
Das fromm und löblich und mit bestem Grunde,
Der Enkel wird sich wohl zum Kämpen mausern,
Eh ihm der Vater spricht mit eignem Munde.

GISELHER:
Dies mag wohl sein. Denn zu der Grundesweihe
Sind Albuin und Walrab auch geladen,
Ich weiß, daß Wiprecht es sich nie verzeihe,
Schafft ein Versäumnis Aufschub oder Schaden.
Er wird den Seinen Vorbild sein und schichten
Die Steine, daß man meint, er sei ein Riese,
Einst heißt es, solche Kraft sei nur zu dichten,
So wie die Fahrt der Argo nach dem Vliese.
(Beide ab.)


Fünfte Szene.
Albuin, Walrab.

ALBUIN: Gelobt der Herr und seine Hirten munter!
In diesen Zeiten ists nicht selbstverständlich,
Grad hier im Osten drüber gehts und drunter,
Die Ritter treibens räuberisch und schändlich.

WALRAB: Doch freilich vor dem trüben Hintergrunde
Sei Balsam uns der Grundstein frommer Werke,
Der große Hertweig kommt zu dieser Stunde,
Daß er das Beste hier im Land bemerke.
 

 

19
 
ALBUIN: Ich kann es freilich immer noch nicht glauben,
Daß Wiprecht wollt der Kirche sich versöhnen,
Man streitet sich, ob Morden oder Rauben
Ihm lieber oder Opfer zu verhöhnen.

WALRAB: Ich gab ihm Butsin und elfhundert Hufe,
So viel ist not für seine harten Mannen,
Ich geb nichts drauf, ob er in üblem Rufe,
Es freut mich, daß wir eine Faust gewannen.

ALBUIN: Im Zangengriff von Böhmen und von Sachsen
Das Osterland braucht ohne Zweifel Führer,
Doch daß wir unserm Spielball-Stand entwachsen,
Sind hilfreich nicht der Zwietracht böse Schürer.

WALRAB: Es stehn die Ritter nicht gerade Schlange.
Wer kommt vom Rhein, die Saale zu befrieden?
Die von euch allzurecht benannte Zange
Zu brechen, ist dem Heimischen beschieden.

ALBUIN: Und wenn auch, aber der? Vom ersten Tage
Hat man den Sporn als Plünderer gesichtet,
Bei Belgern nahm er alles, was man trage,
Und was nicht tragbar, Feuer hat vernichtet.
Der Meißner setzte nach, doch Wiprechts Leute
Durchbohrten mit dem Speer den Bannerträger,
Die Blutspur setzt sich fort und zwar bis heute,
Da braucht es keinen Spürsinn, keinen Wäger.
Bei Nohnte barg er sich im Dorfe Lippen
Und kam nach Zeitz, den Ezelin zu spießen
Und siebzehn weitre sah man stehn und kippen,
Die Elster müßte rot noch heute fließen.
 

 

20
 
Der Hageno floh in Sankt Jakobs Mauern,
Doch Feuer trieb ihn raus, wo er geblendet.
Wem sollte nicht bei solchem Frevel schauern?
Wer hat die Kirche je so arg geschändet?
In Flarchheim stand dem Böhmer er zu Seite,
Er machte den Prozeß und zwar den kurzen,
Der Gau von Nisen lohte in der Breite,
Denn Wiprecht brennt von Leipzig bis nach Wurzen.
Er sichert sich des Kaisers Einvernehmen,
Und Beterich von Teuchern wird erschlagen,
Für solche Blutlust fehlen mir die Schemen.
Wie kann das Land nur so viel Blut ertragen?
Den Eckebert von Braunschweig hat er lange
Gehetzt und die in dessen Diensten standen,
Hat er gesucht, daß er sie treff und fange,
Bis auch die letzten Tod im Schlamme fanden.
Da einer mit dem Speer ihm traf den Kiefer,
Hat er mit Wucht den Schädel ihm gespalten,
Da fällt mir ein kein krasseres Geziefer,
Und keine Bestie, die nicht aufzuhalten.
Auch fiel der Markgraf selber vor dem Rasen,
Zwar deckten ihn die Mannen im Gewühle,
Doch Wiprecht läßt das frömmste Lamm nicht grasen,
So starb auch Eckebert in einer Mühle.

WALRAB: Ihr sprecht parteiisch, denn die Gegnerischen
Warn auch nicht grad ein Bild von Christi Milde,
Die Wendenfürsten söffen an den Tischen,
Trieb sie nicht Kraft, die ihr verdammt als wilde.
Die Welt gehört dem Schwert in allen Landen,
Und glücklich muß man sein, wenn in der Aue
Der Glaube und die Macht zusammenfanden,
 

 

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Daß man der Liebe und der Einkehr baue.
Wir wollen beten, daß des Heilands Gnade
Auch Ritter führ zur Einsicht und zum Dienen,
Das Krumme macht nur unser Herr gerade,
Wir können nur gebrochne Knochen schienen.

ALBUIN: Ich werd dem Kloster meinen Segen spenden.
Ich könnts, da Hertweig kommt, auch nicht verweigern,
Doch glaub ich nicht, daß uns die Schmerzen enden,
Im Gegenteil, er wird sie nur noch steigern.
Erst wenn der Kaiser, was durchaus im Rahmen
Des Möglichen, den Dienstmann hart läßt fallen,
Verliert die Furcht, die herrscht in Wiprechts Namen,
Den Adlerschnabel und die Löwenkrallen.

WALRAB: Der Kaiser, der seit Jugend ist umstritten,
Hat gleichwohl sich behauptet viele Jahre,
Er weiß zu strafen und er weiß zu bitten,
Und ungebeugt bleibt er mit weißem Haare.
Solch langer Weg braucht treffliche Vertraute,
Und wenn er einen Mann wie Wiprecht hegte,
So gab ihm recht wohl das Vorhergeschaute,
Es war kein Narr, der diese Zeit bewegte.

ALBUIN: Der Herr ist ewig, doch in Menschendingen
Wird alles her- und wieder hingeschmettert.
Wenn Winkel ihm und Prüfungen gelingen,
Wer weiß, was morgen stürmt und hagelwettert?
Die Weltgeschichte kann man erst beschreiben,
Wenn alle Reiche sind in Schutt gesunken,
Und Gottes Wege offen sich verleiben
Im Licht, das heut im Herzen ist ein Funken.






 

 

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ZWEITER AUFZUG
 

 

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